Zu teuer, zu wenig oder zu spät. So lässt sich die Situation für immer mehr Gewerke und Handwerksbetriebe in Bezug auf Baumaterial beschreiben. Schon seit Monaten haben Handwerker mit Lieferengpässen oder gar fehlendem Material zu kämpfen. Egal ob Holz, Metalle, Farben, Dämmmaterial oder Ähnliches. Wer doch an das dringend Benötigte kommt, muss sich auf rasant gestiegene Preise gefasst machen.
Die Probleme der Handwerksbetriebe
Momentan wird es für bestimmte Gewerke, die auf die Baustoffe Holz, Metall, Dämmmaterial oder Farbe angewiesen sind, schwer an solche zu kommen. Immer mehr Betriebe aus den verschiedensten Regionen in Deutschland senden Hilferufe. Entweder verzögert sich durch die Lieferengpässe die Fertigstellung von Aufträgen oder ganze Betriebe müssen durch fehlendes Material in Kurzarbeit gehen und einen Baustopp hinnehmen. Daneben sind die Preise in recht kurzer Zeit stark angestiegen. Somit kann es passieren, dass sich laufende Aufträge für Handwerksbetriebe nicht mehr rechnen. Die Folge sind Verlustgeschäfte, die in Zeiten der Corona-Pandemie doppelt schwer wiegen.
Die Gründe, wie es dazu kommen konnte
Dafür lassen sich verschiedenste Gründe finden, sogar über die Landesgrenzen hinaus. Zum Ersten wurde im Zuge der Corona-Pandemie die Produktion in vielen Herstellerländern der Materialien zurückgefahren. Dabei es davon ausgegangen worden, dass auch die Nachfrage zurückgehen würde. Eingetreten ist dies jedoch nicht. Zudem sind durch bestimmte Beschränkungen an den Landesgrenzen Lieferketten unterbrochen oder erschwert worden, was sich in dem Zuge mit steigenden Preisen oder Lieferengpässen bemerkbar macht.
Zum Zweiten leben wir in einer zunehmend globalisierten Welt mit internationalen Märkten. So wirken sich auch Entwicklungen in anderen Ländern auf den deutschen oder europäischen Markt aus. Durch die Schäden von Wetterkapriolen und das neue geschaffene Konjunkturprogramm in den USA besteht eine hohe Nachfrage nach Baumaterialien wie zum Beispiel Holz, da es ein beliebter Baustoff ist. In dem Zuge haben die amerikanischen Firmen den europäischen Markt für sich entdeckt. Mit Hilfe der Zuschüsse aus den Konjunkturprogrammen können US-Firmen einen deutlich höheren Preis für Material bezahlen. Kleinere Betriebe in Europa können da oft nicht mithalten.
Zum Dritten wird die ganze Situation noch durch fehlendes Holz aus Kanada verschärft. Das Nachbarland der USA gilt als wichtigster Partner für Materialien wie Holz und Co. Jedoch hatte Kanada in jüngster Vergangenheit aufgrund einer Borkenkäferplage mit extremen Verlusten bei der Holzverarbeitung zu kämpfen. Dazu kamen die Wirtschaftsstreitigkeiten in der Amtszeit von Donald Trump. Somit suchen sich US-Betriebe nun verstärkt ihr Material auf dem europäischen Markt zusammen.
Zum Vierten gibt es neben den USA ein zweites Land, das viel Baumaterial aus Deutschland und der EU importiert, nämlich China. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern hat China die Corona-Krise früh unter Kontrolle bekommen und damit ihre Wirtschaftskraft wieder nahezu vollständig hochgefahren. Die Nachfrage nach Baumaterial in dem sich rasant entwickelnden Land und die Kaufkraft sind damit auf einem hohen Niveau. Das führt dazu, dass in der EU momentan hergestelltes Material häufig exportiert wird.
Zur momentanen Lage der Handwerksbetriebe
Der zentrale Dachdeckerverband in Deutschland (ZVDH) meldet, dass sich der Holzpreis verdoppelt habe.
Aus dem Malerhandwerk melden Verbände Nachrichten von Rohstoff- und Vorprodukt-Herstellern, die im Mai Preiserhöhungen von ebenfalls 50 % ankündigen.
Daneben meldet die Bauindustrie Preissteigerungen bei Stahl um 20 % seit März 2020.
Doch es muss dazu gesagt werden, dass zwar momentan in Deutschland flächendeckend Betriebe betroffen sind, nicht jedoch die Mehrheit. Allerdings lässt sich eine Tendenz aus den Nachrichten der Verbände herauslesen, dass immer mehr Betriebe damit zu kämpfen haben. Wenn dazu noch benötigte Materialien bei verschiedensten Zulieferern “gehamstert” werden wie Klopapier zu Zeiten des ersten Lockdowns, wird das die Situation für Betriebe weiter verschärfen.
Wie sich das Ganze entwickeln könnte
Hier gehen die Meinungen von Experten und Vertretern der Gewerke meist auseinander. Doch eines lässt sich sagen: Von einer kurzfristigen Änderung geht so gut wie niemand aus. Der ZVDH geht von einer eingependelten Lage im Laufe des Jahres aus. An diese optimistische Meinung schließen sich viele Experten an, da durch die fortschreitende Bewältigung der Corona-Situation Lieferketten und Produktionen wieder hergestellt werden. Pessimistische Stimmen kommen eher direkt von betroffenen Handwerksbetrieben, die von mehreren Jahren ausgehen. Zudem mahnen Unternehmen an, im Auge zu behalten, dass sich hohe Preise nicht dauerhaft durchsetzen würden. Gerade wenn sich die Lage am internationalen Baustoffmarkt entspannt hat.
Was kann dagegen unternommen werden kann
Auch wenn Handwerksbetriebe keinen Einfluss auf den internationalen Markt haben, müssen aus dieser Entwicklung Lehren gezogen werden.
So müssen gestiegene Materialpreise mit verständnisvoller Kommunikation an den Endkunden weitergegeben werden, wenn es nicht anders geht.
Zudem könnten “Gleitpreismodelle” mit Zulieferern, wie sie bereits bei großen Bauvorhaben vorkommen, Festpreise vermeiden und für angepasste Rechnungen sorgen.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, noch genauer bei der Bestellung von Material hinzuschauen. Auch wenn es bei vielen dynamischen Projekten schwerfällt, könnte ein größeres Lager für Entlastung sorgen.
Neben Ressourcenschonung kann es sich ebenfalls lohnen, mit regionalen Händlern und Herstellern Vereinbarungen zu schließen, damit regionale Kreisläufe gefördert werden.
Unterdessen appelliert das SHK-Handwerk an Industrie und Großhandel, Preiserhöhungen “verträglich” weiterzugeben. Falls die aktuelle Situation Geschehen sich nicht weiter verbessert, werden Stimmen für staatliche Regulierungen und weniger Export lauter werden.